In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie spielt die die therapeutische Beziehung eine maßgebliche Rolle. Sie ist der wichtigste Wirkfaktor für den Erfolg einer Behandlung. Die therapeutische Beziehung ist eine professionelle Arbeitsbeziehung, und erfüllt bestimmte Merkmale. Sie sollte positiv und tragfähig sein. So bringt u.a. die Therapeutin ihrem Patienten/ ihrer Patientin Wertschätzung, Empathie und Fürsorge entgegen, ist bemüht um Klarheit und Transparenz, und fördert die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit des Patienten. Der Patient/ die Patientin seinerseits fasst Vertrauen und kann durch seine Offenheit, Einsichtsbereitschaft und aktive Mitarbeit Veränderungsprozesse in Gang setzen.

Die therapeutische Beziehung bietet jedoch nicht nur vertrauensvolle Unterstützung, sie dient quasi auch als Spiegel. In dem sich die für den Patienten typische, aber bisher nicht bewusst wahrgenommene Eigenart, wie er Beziehung und zwischenmenschlichen Kontakt erlebt und gestaltet, abzeichnet und für beide gemeinsam thematisierbar wird. Dies kann sehr wertvoll sein und wird therapeutisch genutzt, wenn das Beziehungsmuster an der Dynamik der Beschwerden oder Symptome beteiligt ist.
Auch kann innerhalb der geschützten therapeutischen Beziehung eine emotionale Erfahrung ermöglicht werden, die dem Patienten in seinem Leben und in seinen bisherigen Beziehungen gefehlt hat, die aber sozusagen „unentbehrlich" ist, um bestimmte psychische Entwicklungsschritte überhaupt vollziehen zu können. Zum Beispiel kann eine Mensch eine Erfahrung wie uneigennützige Liebe erst dann gegenüber sich selbst und anderen empfinden und leben, wenn er es selbst innerhalb einer emotional bedeutsamen Beziehung ausreichend erleben und verinnerlichen konnte.

Alle Menschen durchleben im Laufe ihrer psychischen Entwicklung bestimmte innere Widersprüche, sogenannte Grundkonflikte. So ist es zum Beispiel normal, dass ein Kind einerseits das Bedürfnis hat nach Geborgenheit und Gehaltensein, andererseits aber auch nach Freiheit und Eigenständigkeit.
Manchmal wird es einem Kind unter bestimmten Bedingungen schwerer fallen, diesen Konflikt ausgewogen zu lösen, und beide Möglichkeiten weiterhin zur Verfügung zu behalten. Es muss dann eine Seite ins Unbewusste verdrängen.

Ein Beispiel: Ein Kind muss auf seinem Entwicklungsweg seine Wünsche nach Geborgenheit verdrängen, wenn die Eltern ihm wenig Geborgenheit geben können oder sehr früh sehr viel Selbstständigkeit von ihm erwarten. Es spürt dann die Ablehnung und den Verlust der Liebe seiner Eltern, wenn es einmal „schwach" sein und sich bei ihnen anlehnen will. Dies löst dann extreme Angst aus bei dem Kind aus, denn es ist ja existentiell von den Eltern und ihrer Liebe abhängig. Deswegen muss es darauf verzichten, solche Wünsche zu fühlen und bewusst zu erleben.
Dieses Kind wächst dann vielleicht zu einem Menschen heran, der immer sehr gut „alleine klar kommt". Wird dann als Erwachsener sein unbewusster innerer Konflikt berührt und „reaktiviert", beispielsweise wenn sich ihm in seinem Leben das erste Mal die Möglichkeit eröffnet eine intime Liebesbeziehung einzugehen (wo er sich anlehnen könnte), stellen sich plötzlich „unerklärliche" Symptome ein, wie z.B. Herzrasen, Panikgefühle oder somatische Reaktionen, die von selbst nicht mehr abklingen. In den Symptomen stecken die ins Unbewusste verbannten Geborgenheitswünsche, die dort blockiert sind, weil sie stark mit der Angst besetzt sind „dann werde ich verlassen, dann ist alles aus" (weil er es ja genauso mit seinen Eltern erlebt hat und diese Angst in ihm heute noch genauso wie damals wirksam ist).

In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie wird langsam wieder eine Verbindung hergestellt, indem die abgedrängten Gefühle und der „aktive" Konflikt -also die eigentlichen Krankheitsursachen- vom Unbewussten wieder ins Bewusstsein gehoben werden.
Dies ist verständlicherweise nicht nur angenehm, und bringt auch ein nachholendes Fühlen der unverarbeiteten schmerzhaften oder bedrohlichen Gefühle mit sich. Der Versuch des Patienten, obwohl er mithilfe der Therapie eine Veränderung zu erreichen will, gleichzeitig dieses unangenehme Erleben vermeiden zu wollen, wird „Widerstand" genannt. Es ist Aufgabe des Patienten diesen Widerstand immer wieder zu überwinden. Von Seite des Therapeuten ist es wichtig, dass der/die PatientIn sich in seinem/ihrem subjektiven Erleben verstanden fühlen kann. Dies gelingt einem Psychotherapeuten sicher nicht immer, doch er kann sich konstant darum bemühen.

Psychische Erkrankungen können auch andere Ursachen als unbewältigte innere Grundkonflikte haben, wie es bei den Folgen traumatischer Erfahrungen der Fall ist.
Weitere Ursachen können problematische Erlebens-, Verhaltens- und Umgangsweisen sein, die aus Gewalt- und Missbrauchserfahrungen oder emotionaler Vernachlässigung während der ersten Lebensjahre resultieren. In einer Zeit, in der das Kind sehr darauf angewiesen ist von den Bezugspersonen entwicklungsfördernde Bedingungen zu erhalten, wie Schutz, Anleitung, positive Identifikationsmöglichkeiten, emotionale Wiederspiegelung und Anerkennung. Fehlten diese und/ oder war der Mensch massiven oder andauernden schädigenden Einflüssen ausgesetzt, können sich wichtige psychische Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt entwickeln. Dazu gehört u.a. die Fähigkeit, sich selbst und andere Menschen verstehen zu können, und sich in andere hineinversetzen zu können. Auch sich ein Bild von sich selbst und von anderen Menschen zumachen, das positive und negative Eigenschaften gleichzeitig enthält, und stabile und vertrauensvolle Beziehungen führen sowie innere Impulse, Emotionen und das eigene Verhalten steuern zu können. Die psychischen Beschwerden resultieren dann aus dem Fehlen dieser psychischen Fähigkeiten, und den notfallmäßigen Versuchen, ohne diese inneren Strukturen zurecht zu kommen.

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